Susanne aus Linz (A)

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Chemikerin

Mein Vater war ein leidenschaftlicher Kaffeehaus-Schachspieler und brachte mir das Spiel bald bei.

Susanne aus Linz (A)

Schon mit sechs Jahren saß ich mit Papa am Brett. Er erklärte mir die Figuren, ihre Gangarten und das Ziel des Spiels. Wir spielten im Lauf der Jahre eine Menge Partien und ein paar davon habe ich auch gewonnen.

Als frisch gebackene Studentin machte ich mich auf die Suche nach einem Schachklub und fand alsbald den SK Austria Wien, angesiedelt in Café Frey auf der Favoritenstraße. Ich bahnte mir einen Weg durch Rauchschwaden und gelangte schließlich zu den Schachtischen an denen lauter alter Männer saßen, jeder ein Achterl oder ein Bier neben sich.

Das ist natürlich die subjektive Sicht einer jungen Frau. Die Herren waren vielleicht doppelt so alt wie ich, also um die 40. Heute bin ich über 60 und die alten Herren von damals wären Schachnachwuchs.

Ich entschied mich damals jedenfalls für’s Tanzen. Zehn Jahre lang übte ich mich in den Standardtänzen und als mir der Partner abhanden kam, lernte ich Steppen und Jazzdance. Etwas, das mir bis heute großes Vergnügen bereitet.

Die Lust auf Schach kam zurück, als mein Vater starb und ich seine Schachbretter und Schachbücher erbte. Seitdem schätze ich den sehr gemütlichen Schachklub „Wiener Partie“ und spiele meine ersten Meisterschaftspartien.

 

Samer aus Nassiriya (IRQ)

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Schachlehrer & Jusstudent

Ich habe ein fotografisches Gedächtnis.

Samer aus Nassiriya

Das ist eigentlich ein Teil des räumlichen Denkens und somit trainierbar, zum Beispiel mit Schach. Jede Person die Blindschach spielen übt, wird diese Fähigkeiten des Gehirns stärken.

Ich komme aus einer Schachfamilie, mein Onkel wurde mit 11 Jahren U20-Staatsmeister, mein Vater war Olympiaspieler und mit fünf habe ich zu spielen begonnen. Für mich gillt: „Wenn du mit Löwen aufwächst, wirst du selber zum Löwen.“ In Wien wurde auch noch der starke Spieler Aco Alvir mein Volksschulschachlehrer, was dazu führte, dass niemand mehr gegen mich spielen wollte.

Als Kind bist du wie ein Schwamm, du saugst alles auf. Das lässt sich auch physisch erklären: Die Synapsen im Hirn vermehren sich im Alter von zwei bis zehn enorm, vorausgesetzt das Kind wächst in einer gesunden Umgebung auf, mit tollen Stimuli und wenig Digitalem. Danach werden ungenutzte Verbindungen rasant wieder abgebaut!

Kinder legen beim Schach spielen erheiternde Eigenheiten an den Tag. In der Fantasie werden sie zum Beispiel selber zu einer Figur. Ziehen sie mit einem Springer, hüpfen sie oft damit weiter. Alle andern Figuren bleiben in der „Garage“.

Auch verraten sie gerne ihre Pläne. Sie freuen sich so sehr, wenn sie eine Listigkeit entdecken, dass sie es laut herausplappern und damit dem Gegner verraten.

„Das Damenopfer auf h8 verleiht Turm und Läufer Supermacht.“
Annika Fröwis und Samer Albadri haben diese Schachübung und den Spruch dazu miteinander ausgedacht.

Cristina aus Bukarest (RO)

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Künstlerin

Schach ist für mich immer auch Nostalgie, weil es zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen gehört.

Cristina aus Bukarest

Wir wohnten in einem großen Sozialbau, 200 Wohnungen aufgeteilt auf acht Stiegen und ich habe es geliebt! Es war toll, dass es immer genug Kinder gab und alle miteinander spielen durften, egal aus welcher sozialen Schicht. Wir sammelten Briefmarken, spielten Verstecken oder Schach. Alle Kinder spielten Schach, am liebsten auf Decken hockend im Stiegenhaus.

Überhaupt alle spielten Schach: Vater, Mutter, Onkel, Lehrer*innen, die Jungen und die Alten. Während die Kinder im Stiegenhaus spielten, spielten die Alten in den Wohnungen oder an den Schachtischen in der Wohnanlage.

Mich fasziniert das Spiel mit den wenigen Regeln, aber endlos vielen Positionen und Kombinationen, die brillante und unerwartete Momente bringen.

In meiner Kunst habe ich Schach in der Performance „Re-enactment of a Chess Game“ zum zweiten, oder eigentlich zum dritten Mal* verwendet. Ist das Thema Schach, dann führen alle Wege zu Michael Ehn! Michael hat mir im Zuge meiner dreijährigen Recherche verblüffende Geschichten aus dem Leben verschiedenster Schachspieler*innen erzählt. Insiderwissen wie von einem Familienmitglied. Wir konzentrierten uns am Ende auf den ersten Weltmeister Wilhelm Steinitz. Michaels Anekdotensammlung über diese berühmte Schachpersönlichkeit ist einzigartig.

* Schach in Cristina’s Kunst:


Cristina’s Art Blog

Rudy aus al-Hasaka (SYR)

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Physikstudent

Drei Stunden am Stück muss nicht sein, aber ein bisschen Schach ist schon gut.

Rudy aus al-Hasaka

Nach meiner ersten Berührung mit dem Spiel dachte ich, es ist entweder super einfach oder ich bin ein Supertalent. Ich war zehn oder elf Jahre alt, als mir mein Cousin erklärte wie es geht. Prompt gewann ich die erste Partie. Das blieb nicht so. Aus diesen Erfahrungen und mit dem Schachstrategie-Buch meines älteren Bruder, lernte ich, dass man sich im Schachspiel verbessern kann.

Freilich spielten wir Kinder, anstatt Brett- oder Kartenspielen, meistens im Freien, denn das ganze Jahr ist durch das Steppenklima das Wetter schön! Für alle vier Jahreszeiten gibt es spezielle Lieblingsbeschäftigungen. Ich habe das so in Erinnerung:

Frühling – Verstecken spielen und Radfahren.
Sommer – Fußball und Radfahren.
Herbst – Holzkreisel und Radfahren.
Winter – Murmeln und Radfahren.

Genau, ich liebe Radfahren. Oft waren wir eine richtige Bande, auf jedem Rad zwei Kinder. Einmal sind mein Cousin, mein Bruder und ich über eine Bundesstrasse zu einem 40 Kilometer entfernt gelegenen Dorf gedüst. Wir nutzen es aus, dass sich alle Erwachsenen, im Rahmen des Fastenbrechens Festes, gegenseitig besuchten und dadurch keinen Überblick hatten, wo wir steckten.

Christine aus Kittsee (A)

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Lehrerin

Spielen wir eine Partie, es ist schon so lange her, dass ich kaum mehr weiß, wie die Regeln gehen, aber egal!

Christine aus Kittsee

Ein Mädchen von einer anderen Schule, aus einem anderen Ort, hat mir die Regeln beigebracht. Wir waren beim Skikurs Zimmergenossinnen und beide 14 Jahre alt. Es hat mir von Anfang an gefallen. Dass jede Figur anders fährt, dass die Dame so stark ist, dass jeder Zug große Veränderungen bewirken kann.

Meine Mutter schenkte mich darauf hin ein Buch über die Entstehung des Schach. Es handelt von dem – der Legende zufolge – Erfinder des Schachs, seiner Weisheit und der Anekdote um den Weizenkörner-Preis, den der indische Herrscher ihm für seine Verdienste zu zahlen versprach. Die Anekdote lehrte mir, dass Schach und Mathe miteinander verwoben sind, wodurch ich das Spiel noch spannender fand.

In der Schule gab es kaum Mädchen die Schach spielten, daher blieb mir meist nur die strenge Erzieherin. Sie wollte immer spielen aber nie verlieren. Bei Verlust gab es Konsequenzen für die ganze Gruppe. Deshalb riefen die Schulkolleginnen zu mir: „Christine, bitte lass die Alte gewinnen, wir wollen heute noch ins Kino!“

___Fußnote___
Weizenkörner Legende auf Wiki: Sissa ibn Dahir