Martin aus Wien (A)

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Jurist & Schachimedes

Schach ist so spannend – spielen wir Schach, nicht Elo!

Martin aus Wien

Wer 1200 Elo hat, möchte 1400. Wer 1900 Elo hat, hat nur die 2000er-Hürde im Kopf. Wer 2400 Elo hat, tut alles für den GM-Titel. Wer 2750 Elo hat, möchte Weltmeister werden.

Wer ist je zufrieden? Oft sage ich den Hobbyspielern: „Ihr habt das Beste am Schach! Euch macht es am meisten Spaß! Ihr seid am glücklichsten damit, bewahrt euch das!“ Denn je stärker man wird, desto stressiger, gewichtiger, verzehrender wird das Schach – wenngleich auch inhaltsreicher.

Was mag wohl jener dazu sagen, der auf der höchsten Stufe steht. Der Weltmeister persönlich? Aus dem Zeit Online Interview mit Magnus Carlsen:

Zeit Online: „Sind Sie in der Lage, mal ein paar Tage frei zu nehmen – ohne Schach zu spielen, Partien anzusehen, Stellungen zu analysieren?“

Carlsen: „Ja, aber nicht sehr oft. Ich treibe gerne Sport, hänge mit Freunden ab und solche Sachen, aber Schach lauert fast immer hinten im Kopf irgendwo.“

Zeit Online: „Was war Ihr glücklichster Moment im Schach?“

Carlsen: „Als ich die norwegische Meisterschaft für Kinder unter zehn gewonnen habe. Das Gefühl werde ich nie vergessen.“

Zum Thema Hochleistungsschach gibt es auch einen Essay vom Erfolgsautor Thomas Glavinic, ebenso veröffentlicht in der Zeit Online: „Schach ist gefährlich!“

Glavinic: „In kaum einem Sport kann man so verloren gehen wie im Schach. Es ist wunderschön und wild. Und man fängt an, zwischen den Figuren zu leben, zu denken.“

Das all jenen zum Trost und zum Nachdenken, die damit hadern, nicht „besser“ zu sein.

www.schachimedes.at
Sehr geistreich: Schachimedes‘ Tagebuch der Kuriositäten! Sehr empfehlenswert für Hobbyspieler*innen: Schachimedes‘ unterhaltsame Schachseminare.

Andreas aus Wien (A)

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Sozialarbeiter

Meine Tante wollte Schach spielen lernen und ich, sechs Jahre alt, war auserkoren mitzumachen.

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Andreas aus Wien

Das war ein großes Glück, wobei ich damals noch gar nicht ahnte, dass das Schachspiel neben der Musik eine so große Leidenschaft in meinem Leben werden sollte.

Ich war ein vergeistigtes Kind und ein Spiel mit mehr Varianten als Atomen im Universum, bei dem Glück kein Faktor ist, hat mich schon damals fasziniert. Nach einer längeren Pause las ich mit zwölf Jahren Zweig’s „Die Schachnovelle“ und dann ging es so richtig los … Computer, Bücher, Analysen, mit einem Freund, im Verein, … ich konnte nicht genug kriegen.

Von meinem ersten Schachklub in einem Vorstadtbeisl hat mich mein Vater immer abgeholt, denn er wollte nicht, dass ich abends am Weg vom Hinterzimmer zum Ausgang bei den „leichten Damen“ an der Bar hängen bleibe.

Schach passt überall hin. In meiner Arbeit, einem Tageszentrum für Obdachlose, spielen Menschen aus unterschiedlichsten Ländern miteinander. Während Schach gespielt wird, gibt es nie Wickel.

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Musik von Andreas alias Banalytic:
Soundcloud Banalytic
Youtube Kanal Banalytic

Morteza aus Ahwaz (IR)

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Architekturstudent

Bei einem Besuch bei meinem Onkel winkte er mich zu sich: „Morteza, komme mal her.“ Er zeigte mir sein Schachbrett und sagte mir, wie die Figuren heißen.

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Morteza aus Ahwaz

Ich habe mich bedankt und gefragt, ob ich bitte wieder Fußball spielen gehen darf.

Beim nächsten Besuch erklärte er mir, wie die Figuren FAHREN. Ich war sofort fasziniert… Wir haben anschließend gleich sechs oder sieben Partien gespielt, eine habe ich sogar gewonnen. Als Kind dachte ich, dass mir das gelang, weil er schon so alt war (89). Heute weiß ich, dass er mir gewinnen hat lassen.

Jetzt, 14 Jahre später, spiele ich endlich wieder Schach. Also erst seit ich in Wien bin. Je mehr ich spiele, desto mehr fasziniert es mich. Ich spiele mit Freunden, auf dem Handy und auf verschiedenen Turnieren.

Von Architektur bin ich schon immer begeistert. Beim Planen von Bauwerke muss vieles berücksichtigt werden; Statik, Boden- und Baumaterial, Umgebung, …

Die Architekten Frank Lloyd Wright, Zaha Hadid, Tadao Andō & Le Corbusier finde ich sehr gut. In Ahwaz gibt es über den Karun-Fluss acht Brücken. Die „Weiße Brücke“, eine Bogenbrücke aus Stahl, ist mein absoluter Favorit. 1936 wurde sie fertiggestellt.

Andi aus Kirchberg an der Pielach (A)

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Softwareentwickler

Wenn ich auswandern oder flüchten müsse, suche ich mir dort wo ich lande als erstes einen Schachklub.

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Andi aus Kirchberg an der Pielach

Ich habe schon an vielen interessanten Orten Schach gespielt. Im Central Park zum Beispiel, wo sich Großmeister einfach unter den anderen Spieler*innen mischen. Das heißt, du passt besser auf, ob und wieviel Geld du einsetzt.

In Myanmar haben wir direkt am Wegesrand gespielt, in Argentien vor allem in São Paulo.

Und in Kuba, das war ein tolles Erlebnis. Viele Leute in der Hauptstadt Havana leben ziemlich exponiert. Sie sitzen in und vor ihren Garagen oder Halbkellern, die sie als Wohnzimmer nutzen. Das Tor ist entweder offen oder gar nicht vorhanden.

In einem dieser Keller sehe ich ein paar Schachspieler und bleibe stehen. Die Männer lachen und deuten mich dazu zu setzen. Die ersten paar Blitzpartien verliefen ganz gut. Da ich aber nicht gewohnt bin zwischen jedem Spiel ein Limoglas kubanischen Rum zu trinken, änderte sich die Performance rasch.

Am nächsten Tag bin ich wieder hingegangen um den Herren eine Flasche Rum zu retournieren. Dass es damit wieder von vorne losging, hätte ich mir natürlich denken können…

Erwin & Klaus (A)

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Schachkollegen

Klaus: „Kinder finden Verlieren beim Schach nicht so schlimm, weil sie von den schönen Figuren und den Zwischenerfolgen begeistert sind. Material gewinnen, eine Gabel setzen, eine Figur verjagen.“

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Erwin aus Wien (li) & Klaus aus Eggerding (re)

Erwin: „Ach so? Mich störte Verlieren als Kind nicht, weil mein Vater beim Schach spielen eher gemütlich, nicht so deppert war.“

Klaus: „Auf einer Party von Ruth haben wir über das Hörndlwald Open AIR Turnier geredet und du hast gleich beschlossen teilzunehmen. Das hat sich ausgezahlt, oder? Es ist eine Erfahrung, die wir allen Schachspieler*innen empfehlen.“

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Das Hörndlwald Open AIR Turnier

Erwin: „Beim Erlernen von Eröffnungen ist der Moment, in dem sie in das Mittelspiel übergehen, wichtig. Dann siehst du am besten, was die Idee ist, welche Punkte angegriffen werden und so.“

Klaus: „Bei den Simmeringern wollte Erwin nicht Mitglied werden. Die spielen in einem Hinterzimmer, wo Hirschgeweihe hängen. Gemütlicher ist es ohnehin bei uns beim SK Hörndlwald.“

Erwin: „Königsindisch, Alt-Benoni, Spanische Varianten, … gegen einen Großmeister war ich in einer Spanischen Partie schon im fünten Zug erledigt.“

Klaus: „Viele Turniere spielen wir nicht, Liga auch nicht, aber beim Hörndlwald Open AIR sind immer einige von uns anzutreffen.“

Erwin: „Eine Weile habe ich mich für eine Botvinnik-Variante im Damengambit interessiert. Die ist aber am Brett nie entstanden.“

Klaus: „Als Kind entdeckte ich Schachhefte am Dachboden. Ich wusste nicht, was sie waren, aber fand sie sofort faszinierend.“

Erwin: „Mein Ziel ist es, gute Partien zu spielen. Das Spiel zu begreifen.“

Klaus: „Mein Ziel ist pädagogischer. Ich möchte das, was ich kann, der Jugend beibringen, sodass die es mal besser begreifen können.“

Erwin: „Ja, aber du bist auch kein Naturwissenschaftler. Am Ende geht es eigentlich darum, nicht zu schnell deppert zu werden.“

Klaus: „Schau, russisches Lebensgefühl“ :

„The Game“, 5 Minuten, Youtube